Studie: Energieeffizienz von Industriehallen bietet mehr als nur ein grünes Firmenimage

2022-11-01 14:37:47 By : Mr. Jin Hua Lei

(13.12.2013) Deutlich niedrigere Betriebskosten, mehrfache Amortisation über die Le­benszeit: das können Nachhaltigkeit und Energieeffizienz schon heute beim Bau von Industriehallen bedeuten. „Grünes” Denken ist nicht nur gut fürs Image: Langfristig macht sich ein umsichtiger Umgang mit Energieressourcen auch in ökonomischer Hin­sicht bezahlt. Durch smarte Gebäudekonzepte mit optimal aufeinander abgestimmten Materiallösungen lassen sich zukunftsfähige Produktions-, Lager- und Logistikhallen realisieren.

Foto: ThyssenKrupp Steel Europe AG  

Vor diesem Hintergrund ließ das EcoCommercial Building Programm (ECB) im Rahmen einer aktuellen Studie durch IPJ Ingenieurbüro P. Jung das wirtschaftliche und energe­tische Einsparpotenzial für eine Muster-Industriehalle errechnen, das sich durch den Einsatz innovativer Bautechnologien und -materialien ergibt. Die Analyse zeigt:

Neben dem Einfluss unterschiedlicher Dämmstandards analysiert die Studie in separa­ten Kapiteln auch den Einfluss von Heizungs- und Beleuchtungssystemen auf die Ener­gieeffizienz einer Industriehalle.

Der wichtigste Schritt zu einem nachhaltigen Gebäude ist eine kompetente und ganzheitliche Planung, die alle rele­vanten Aspekte und Gewerke integriert und aufeinander abstimmt. Durch diese Verzahnung lassen sich gestalteri­sche, technische und energetische Aspekte zu einem funktionalen Gesamtkonzept zu­sammen­fü­gen. Genau hier setzt das EcoCommercial Building Programm an, das von Bay­er Mate­ri­al­Science initiierte Kompetenznetzwerk für energieeffizientes, umwelt­freundliches und wirtschaftliches Bauen: Das ECB führt Hersteller innovativer Mate­rialien und Dienstleistungen in allen Bereichen rund um den nachhaltigen Industrie-, Gewerbe- und Wohnungsbau zusammen - siehe auch Baulinks-Beitrag „EcoCommer­cial Building Programm (ECB) für integrierte Energie- und Materialkonzepte“ vom 24.9.2012.

Foto: ThyssenKrupp Steel Europe AG  

In der Studie wird ein Prototyp für eine Produktions- bzw. Lagerhalle entwickelt und energetisch optimiert. Unterschiedliche Baumaterialien, Produkte und Systeme wer­den auf ihr jeweiliges Energieeinsparpotenzial hin untersucht sowie die Erstellungs- und Betriebskosten ermittelt. Als Referenzgebäude, im Folgenden als Referenzhalle bezeichnet, dient eine konventionelle Halle aus einem modularen Baukörper, dem ein standardisiertes Konzept für die Technische Gebäudeausrüstung nach EnEV 2009 zu­grunde liegt. Diesem wird ein Gebäude mit gleichem Baukörper und identischer Nut­zung gegenübergestellt, aber mit verschiedenen technischen und baulichen Ausstat­tungen.

Bei dem betrachteten Industriegebäude handelt es sich um eine einbündig erschlos­sene Halle mit einer Grundfläche von 20 x 60 m sowie einer Traufhöhe von 6 m, die als Werkstatt-, Montage- oder Fertigungshalle dient. Standort ist Deutschland, die vorgegebene Soll-Temperatur im Innenraum liegt bei 17° C. Insgesamt verfügt die Halle über ein Bruttoraumvolumen von 7.740 m³. Im Simulationsmodell sind alle rele­vanten Außen- und Innenflächen erfasst. Sie dienen als Basis zur Ermittlung der in­stationären Wärmeströme und der Energiebilanzen. An den beiden Stirnseiten ver­fügt das Ge­bäude über Rolltore mit einer Gesamtfläche von jeweils 30 m². An den Längsseiten nehmen die Fenster eine Fläche von 60 m² ein. In das Dach mit einer horizontalen Nei­gung von 5 Grad sind zudem Lichtkuppeln mit einer Gesamtgröße von 60 m² integriert, die als natürliche Lichtquelle sowie als Rauch- und Wärmeab­zugsanlage (RWA) dienen.

Foto: Bayer Material Science AG  

Die Energieeffizienz eines Gebäudes wird maßgeblich über die Dämmung der Gebäu­dehülle mit ihren opaken und transparenten Bauteilen bestimmt. Im Rahmen der Be­rech­nungen wurde daher zunächst das energetische Einsparpotenzial verschiedener Dämmvarianten ermittelt. Die Referenzhalle geht von einem Mindeststandard an Wär­meschutz unter Einhaltung der Anforderungen der EnEV 2009 aus:

Bei der ausgewählten Halle werden im Rahmen der Analyse verschiedene Materiallösungen für die Außenwand bzw. das Dach sowie für die Fensterflächen untersucht und jeweils ihr Einfluss auf die Energiebilanz dokumentiert. Dabei basiert die Dämmung für Wände, Fassade, Decke und Dach der Industrie­halle stets auf dem Dämmstoff Polyurethan mit einer über Di­cke und Wärmeleitfähigkeit definierten Dämmwirkung. Polyure­than-Hartschaum besitzt im Vergleich zu anderen konventio­nellen Dämmstoffen einen höheren thermischen Wirkungsgrad und kann damit hohe Dämmleistungen bereits bei geringen Ma­terialdicken erbringen (siehe λ-Werte zum Vergleich). Durch die schlankere Ausführung verringert sich auch das Flächen­gewicht.

Für die transparenten Bauteile werden Polycarbonat-Multistegplatten eingesetzt, die Bruchsicherheit mit einem geringen Gewicht, hoher Transparenz und vergleichsweise guten Dämmeigenschaften kombinieren.

Die analysierten Dämmstandards der Bauteile basieren auf unterschiedlichen Material­dicken:

Tebelle 1: Variationen des Dämmstandards der Gebäudehülle

Die Kalkulation zeigt, dass mit einer besonders gut gedämmten Gebäudehülle entspre­chend der Variante 4 (PU-Dämmstoffdicke 16 cm, U-Wert von 0,152 W/m²K) ca. 35% der Heizenergie in Höhe von jährlich 28,6 MWh eingespart werden. Dies entspricht bei 0,08 Euro je kWh einer Kosteneinsparung von 2.300 Euro pro Jahr. Damit hätte sich die Investition von geschätzten Mehrkosten gegenüber der Referenzhalle (ca. 32.000 Euro) bereits nach 11 Jahren amortisiert.

Tabelle 2: Vergleich der „Endenergie Heizen“, Varianten 1-8

Die Anforderungen der EnEV 2009 in Bezug auf den Primärenergiebedarf werden zu­dem  um 17% unterschritten. Damit werden gleichzeitig die Anforderungen des Erneu­erbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) erfüllt, weil eine über 15%ige Unter­schreitung der EnEV vorliegt. Auch mit niedrigeren Dämmstärken lassen sich Heizkos­ten effektiv senken: Die Einsparungen liegen zwischen 14% und 28%. Ein besonderes Energieeinsparpotential bei der Gebäudehülle - aufgrund der Flächengewichtung - bie­ten die opaken Bauteile, d.h. die Außenwände und Dachflächen. Allein durch ihre Op­timierung lassen sich bis zu 29% Heizenergie einsparen. Die Optimierung der transpa­renten Bauteile - hier der Fensterbänder - bewirkt aufgrund des geringen Flächenan­teils lediglich 8 % Heizenergieersparnis.

Tabelle 3: Prozentualer Vergleich der Primärenergien zum Referenzgebäude

Die Entscheidung für ein Heizsystem ist von diversen individuellen Faktoren abhängig, dazu gehören u.a. ...

Die Studie hat für die Nutzung in einer Industriehalle verschiedene Heizsysteme auf ihre Effizienz, die Investitionskosten und ihre Wirtschaftlichkeit hin untersucht.

Tabelle 4: Variationen der Wärmesysteme

Die Analyse der Heizsysteme ergibt: Im Vergleich zum Referenzgebäude mit einem Jahresprimärenergiebedarf von 149 kWh/m²/a lässt sich der Primärenergiebedarf der Halle senken durch ...

In einer Amortisierungsrechnung werden die Energiekosten den Investitionskosten ge­genübergestellt. Die Investitionskosten für die Heizsysteme variieren deutlich - dem­zufolge auch die Amortisationszeiten:

Tabelle 5: Prozentualer Vergleich der Primärenergien zum Referenzgebäude

Zur Erfüllung der Anforderungen des EEWärmeG ist als Ersatzmaßnahme eine 15%ige Unterschreitung der Anforderungen der EnEV möglich. Für die untersuchten Varianten, bei denen die Unterschreitung geringer als 15% ist, wird in der Regel bei realen Bau­projekten durch Anpassung des Dämmstandards dieser Zielwert herbeigeführt. Eine entsprechende Berücksichtigung führt auf der einen Seite zu erhöhten Investitions­kosten, auf der anderen Seite zu einer Reduzierung der Betriebskosten sowie der In­vestitionskosten im Bereich der Heizungsanlage. Die sich hieraus ergebenden Amorti­sationszeiten variieren nur geringfügig zu den bereits aufgeführten Werten. Auf eine explizierte Darstellung kann daher an dieser Stelle verzichtet werden.

Neben der Dämmung und den Heizsystemen wurden für die Studie auch die Beleuch­tungssysteme hinsichtlich ihrer Energieeffizienz untersucht. Als Bewertungsgrundla­ge der unterschiedlichen Beleuchtungssysteme dient das Tabellenverfahren entspre­chend der Vorgaben der DIN V 18599. Das Tabellenverfahren beschreibt eine Bestim­mung der notwendigen Beleuchtung zur Erreichung der nach Norm geforderten Licht­stärke im konkreten Gebäude.

Die Basisvariante ist entsprechend dem Referenzgebäude mit einer stabförmigen Leuchtstofflampe mit einem elektronischen Vorschaltgerät ausgestattet. Die Beleuch­tung erfolgt direkt und indirekt, eine tageslichtabhängige Steuerung ist nicht vorhan­den. Dieser Standard-Beleuchtung werden fünf verschiedene Varianten gegenüber­gestellt:

Da die Beleuchtungsart der Referenzhalle eher unüblich ist, werden für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit die Werte der Beleuchtungsvariante 1 (direkt strahlende stab­förmige Leuchtstofflampe) zugrunde gelegt.

Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass sich je nach eingesetzter Beleuch­tungsvariante zwischen 4 bis 12% Primärenergie einsparen lässt.

Alle untersuchten Beleuchtungsvarianten stellen sich im Vergleich zur Referenzhalle sowie im Vergleich zu Variante 1 als wirtschaftlich dar - einige weisen sogar reduzier­te Investitionskosten auf. Die LED-Beleuchtung ist zwar im Vergleich zur Basisausstat­tung mit Mehrkosten von 11.500 Euro verbunden, diese rechnen sich aber schon nach 12,5 Jahren, da jährlich etwa 701 Euro Energiekosten eingespart werden können (der wirtschaftlichen Betrachtung liegt die Annahme einer 4%igen Energiepreissteigerung zugrunde). Darüber hinaus liegt die Lebensdauer von LEDs derzeit bei etwa 50.000 Stunden - geht man von einer Nutzungsdauer von 2.500 Stunden pro Jahr aus, müs­sen diese nur alle 20 Jahre gewechselt werden, sind also besonders wartungsfreund­lich - und damit wiederum besonders wirtschaftlich. Dabei sind verminderte Reinves­titionen und Instandhaltungen nicht in die Berechnung der Studie einbezogen und stellen weitere Kostensenkungspotenziale dar.

Tabelle 7: Berechnungsergebnisse DIN V 18599 nur Beleuchtung

Tabelle 8: Einsparung an jährlichen Energiekosten nur Beleuchtung

Die vom EcoCommercial Building Programm beauftragte und von der IPJ Ingenieurbüro P. Jung GmbH durchgeführte Studie gibt einen Überblick über die Energieeinsparpoten­ziale wesentlicher Stellschrauben beim Bau einer Industriehalle. Es wird deutlich, dass die Dämmung einen großen Einfluss auf die Energieeffizienz hat, daneben aber auch Heizsysteme und Beleuchtung eine wichtige Rolle spielen. Für die beschriebenen Ein­zelmaßnahmen ist die Reduktion des Primärenergiebedarfes zwischen 4 und 25 % mög­lich. Aus Gründen der besseren Transparenz der Einflussgrößen stellt die Studie aus­schließlich die Ergebnisse der Einzelmaßnahmen wider. Bei der Berücksichtigung aller drei Parameter - Dämmung, Heizung und Beleuchtung - könnten noch größere Einspa­rungen erzielt werden.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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